Wirtschaftsrecht Studium – Nichts Halbes und nichts Ganzes?
Studiert man mit einem Wirtschaftsrecht Studium nichts "Richtiges", weil man weder Volljurist, noch "Voll-BWLer" ist? Wir haben uns für dich umgehört, Experten interviewt und ein paar Mythen zum Wirtschaftsrecht Studium entlarvt.
Inhaltsverzeichnis
Mythen rund um das Wirtschaftsrecht Studium
Viele Halbwahrheiten und Mythen ranken sich um das Wirtschaftsrecht Studium. Wir haben uns die vier meist genannten Argumente, die gegen ein Wirtschaftsrecht Studium sprechen angeschaut und Experten sowie Studierende zu Wort kommen lassen und mit den den Vorbehalten gegenüber einem Wirtschaftsrecht Studium aufgeräumt!
Kann man mit einem Wirtschaftsrechtstudium ein "richtiger" Anwalt werden?
Es stimmt, dass in einem Wirtschaftsrecht Studium nicht alle juristischen Fachgebiete so tiefgehend gelehrt werden wie in einem Studium der Rechtswissenschaften (Jura). Das liegt in der Natur der Sache, schließlich konzentriert sich der Studiengang Wirtschaftsrecht auf die wirtschaftlichen Aspekte und nicht auch noch auf auf Familien-, Erb- oder Strafrecht usw. Dazu kommen weitere Inhalte aus der Betriebswirtschaftslehre (BWL) und Fremdsprachen, die in einem Jura Studium nicht gelehrt werden.
Aber ist man deshalb als Wirtschaftsjurist nur "Jurist light"? Prof. Dr. Pougin, Rechtsanwalt und Studiendekan an der Hochschule Fresenius, hält dagegen:
"Der Studiengang Business Law an der Hochschule Fresenius vermittelt das Wirtschaftsrecht auf akademisch profunde Weise – und dies auf nahezu Universitätsniveau. So wird etwa das Bürgerliche Recht in engster Anlehnung an die Lehrbücher gelesen, die auch an den Universitäten im Bereich der rechtswissenschaftlichen Ausbildung der Standard sind. Dies gilt für das Handels- und das Gesellschaftsrecht ebenso. Zudem widmet sich der Studiengang insbesondere auch solchen in der Wirtschaftspraxis unverzichtbaren Rechtsgebieten, die allerdings in der universitären Lehre keine Pflichtfächer sind, etwa Insolvenzrecht, Gewerblicher Rechtsschutz oder auch Wettbewerbs- und Kartellrecht. Schließlich beinhaltet der Kanon der Pflichtmodule Themen, die etwa für die juristischen Skills nicht unerheblich sind: Legal English, Mediation oder auch Rechtsmanagement. Vor diesem Hintergrund ist – etwa an der Hochschule Fresenius – Wirtschaftsrecht mehr als das Jurastudium an der Universität!"
Wirtschaftsjuristen können die gleichen Herleitungen und juristischen Entscheidungen für Gerichtsverfahren formulieren und fundiert begründen – der einzige Unterschied ist, dass sie sie nicht als Rechtsanwälte vor Gericht selber vertreten können.
Wirtschaftsrecht– eine kleine Nische in der großen Rechtswelt?
Kritiker geben an, dass Wirtschaftsjuristen im Joballtag den Volljuristen (also Absolventen eines Jurastudiums) unterlegen sind. Zwar gibt es in vielen Jura-Studiengängen BWL-Inhalte nur am Rande, allerdings können sich die Studierenden als Schwerpunktfach oder mit einem Aufbaustudium nach dem Staatsexamen auch auf Wirtschaftsrecht ausrichten. In Positionen, in die man als Wirtschaftsjurist kommt, kannst du auch mit dem Staatsexamen reinkommen. Andersrum jedoch nicht, da eben nur das Staatsexamen für manche Bereiche befähigt.
Sicherlich stimmt es, dass Wirtschaftsjuristen bei Bewerbungen auch in Konkurrenz zu Volljuristen stehen. Allerdings haben sie dafür in anderen Bereichen auch klare Vorteile, da sie mit den betriebswirtschaftlichen Kenntnissen punkten können. In Unternehmensberatungen oder bei Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sind z.B. Wirtschaftsjuristen gerne gesehen, da sie die geforderten Kenntnisse wie Bilanzwesen, Buchhaltung, Rechnungswesen oder Steuerrecht ausführlich im Studium gelernt haben. Zudem kann man sich an den meisten Hochschulen gemäß seinen Leidenschaften spezialisieren, zum Beispiel in Medienrecht, Human Resources, Steuern oder Internationales Recht mit Marketing. Auf diese Weise bzw. mit diesem Wissen hat man so manchem Volljuristen etwas voraus.
Wirtschaftsrecht Studium = berufliche Sackgasse?
Wer den Bachelor in Business Law macht und nicht das 1. und 2. Staatsexamen, der kann keine Karriere als Rechts- oder Staatsanwalt oder Richter starten. Zugleich sind diese Berufe aber nicht für jeden, der „etwas mit Jura studieren“ will, die richtigen Zukunftsvorstellungen. Da bietet sich evtl. Wirtschaftsrecht als gutes Schnittstellenfach an. Prof. Dr. Kiel, Verantwortlicher der Wirtschaftsjuristischen Hochschulvereinigung sowie für die Wirtschaftsrecht Studiengänge der Hochschule Wismar, zeigt die Vorteile dieses interdisziplinären Ansatzes auf:
"Die Studiengänge ‘Wirtschaftsrecht’ bieten mehr als die Summe von zwei ‘halben’ Disziplinen. Ein Wirtschaftsrecht Studium bietet Studierenden das Beste aus zwei Fachbereichen – Wirtschaft und Recht und das möglichst praxisnah. Damit wird sowohl der ‘rechtsblinde’ Betriebswirt und Manager als auch der kaufmännisch unbedarfte Jurist vermieden, dessen Lösungsvorschläge vielleicht rechtsdogmatisch überzeugen, aber an der wirtschaftlichen Realität scheitern."
Ist ein Wirtschaftsrecht Studium leicht?
Es kommt immer auf die jeweilige Hochschule an, wie schwierig ein Studium ist und wie hoch die Anforderungen sind. Es kann sein, dass ein Wirtschaftsrecht Studium subjektiv leichter ist, als ein Jura Studium. Dafür gibt es aber mehrere Erklärungen: Zunächst sind die Studiengruppen bei Wirtschaftsrecht meistens kleiner und damit die Vorlesungen nicht überlaufen. Viel mehr findet weniger eine Vorlesung (also ein Monolog), als ein Dialog mit den Studierenden statt. Durch diese Lernmethode fällt es vielen leichter, die Studieninhalte zu verstehen. Des Weiteren beinhaltet der Studiengang auch Fächer wie Englisch oder Projektmanagement, die sicherlich prinzipiell leichter zu bestehen sind als knallharte Prüfungen in Arbeitsrecht oder Steuerlehre. Aber "leichter" bedeutet ja nicht zwangsläufig schlechter, denn auch wenn Projektmanagement nicht das schwierigste Fach ist, bringt es im Unternehmensalltag doch viele Vorteile, Projekte effizient planen zu können.
Fazit: Wirtschaftsrecht und Jura – zwei unterschiedliche Welten
Das Wichtigste ist zu verstehen, dass ein Wirtschaftsrecht Studium und ein Jura Studium nicht 1:1 vergleichbar sind. Jura ist Jura und Wirtschaftsrecht ist Wirtschaftsrecht. Das sind zwei verschiedene Studiengänge mit unterschiedlicher Zielsetzung. Der eine zielt zum größten Teil darauf ab, zukünftige Rechtsanwälte, Staatsanwälte und Richter auszubilden. Der andere bereitet die Studierenden auf den Einsatz an der Schnittstelle von Recht und Unternehmenspraxis vor.
Schlussendlich liegt es an dir, die Vor- und Nachteile beider Studiengänge gegeneinander abzuwiegen und für dich zu entscheiden, mit welchem Studium du deine beruflichen Ziele am besten erreichen kannst!
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